Pferde sind sehr soziale und friedliebende Lebewesen. Im Zusammenleben mit dem Menschen gibt es eine lange Tradition des Benutzens der Pferde, sei es als Arbeitstiere, Kriegs- oder Sportpferde. Die Zeiten entwickeln sich weiter und ich stelle mir die Frage, ob sich nicht auch unsere Beziehung zum Pferd weiter entwickeln sollte?

Was ich in der Verhaltenstherapie sehe sind Pferde, die sich wehren, weil sie missverstanden sind. So bin ich fast sicher, dass 80% aller gerittenen Pferde Schmerzen haben entweder durch schlecht passende Ausrüstung, durch mangelhafte Balance oder durch Überforderung.

Das Schreckgespenst der „Dominanz“ bewirkt dann leider, dass die Reiter denken, sie müssten sich durchsetzen. Und es entsteht ein Teufelskreis.

Wie könnte es anders aussehen? Wie wäre es, wenn wir lernen würden, auf die Pferde zu hören, wenn sie uns sagen, dass ihnen etwas nicht gefällt? Zum einen könnten wir bestimmt eine Menge von ihnen lernen, zum anderen könnten wir sie länger gesund erhalten. Es könnte  eine wirkliche Freundschaft entstehen. Es könnte ein ganz zauberhafter Austausch zwischen zwei unterschiedlichen Arten entstehen.

Was hindert uns daran? Erst mal oben erwähntes Schreckgespenst der „Dominanz“. Schließlich muss man angeblich dem Pferd zeigen, wer der Herr im Haus ist und wo es lang geht. Man darf das Pferd angeblich nicht die Führung übernehmen lassen. Und wenn es buckelt oder wenn es die Ohren anlegt, z.B. wenn man mit dem Sattel kommt, dann sind das ja angeblich alles Zeichen der Dominanz, die man im Keim ersticken muss.

Dann ist da noch unsere Bequemlichkeit. Es ist schließlich viel einfacher, z.B. ein Pferd immer passend für uns in der Box zu haben, anstatt dafür zu sorgen, dass es sich so oft es geht auf der Weide vergnügen kann.

Aber da ist auch noch unser Egoismus. Wenn man sich vorgenommen hat, reiten zu gehen, dann will man schließlich reiten und es ist dann sehr unpassend, wenn das Pferd genau das aus irgendeinem Grund nicht will.

Und da ist auch noch unsere Angst. Sich einem so großen Tier scheinbar auszuliefern ist nicht ohne.

Seine eigenen Wünsche zugunsten eines anderen, in diesem Fälle dem Pferd, zurückzustecken, ist gar nicht so einfach. Es ist auch gar nicht so einfach, sich zu öffnen und auf eine Kommunikation mit dem Pferd als Gegenüber einzulassen. Zu sehr sind wir darauf gepolt, dass es nur zu funktionieren hat.

Aber das Schöne ist, dass wir tausendfach dafür belohnt werden, wenn wir es wagen. Wenn wir diese Position „Ich muss unter allen Umständen die Kontrolle haben“ verlassen und uns einlassen auf das andere Lebewesen, was zuerst wie ein Fallenlassen ist, wie ein Versinken in Unbekanntem, dann landen wir später an einer Stelle, wo alles viel besser funktioniert. Denn dann leben wir wirklich mit dem Pferd in dem Augenblick. Wir beide wollen dasselbe, weil das im dem Augenblick eben so ist und nicht, weil wir meinen Alles unter Kontrolle haben zu müssen.

Und ich glaube auch, dass das, was uns das Pferd dann lehrt, uns ein wenig menschlicher macht.

1 Kommentar
  1. Wahre Worte, die vielleicht den einen oder anderes zum Nachdenken anregen.
    Wenn man heutzutage mal in einen normalen Reitunterricht schaut, sich ein Turnier ansieht, dann fragt man sich oft, wo das Verständnis des Menschen für sein Tier bleibt…

    Herzliche Grüße Janett

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